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Die totale Erfahrung: Brauchen wir Total Experience (TX)?

Achtung, Buzzwort-Alarm: in letzter Zeit kursiert der Begriff „Total Experience“, abgekürzt TX, als wichtiger Trend. Als ich noch programmierte, da haben wir Benutzeroberflächen gebaut (UI, User Interface). In den Zehnerjahren reichte das nicht mehr, es gab UX (User Experience). Und jetzt die „Total Experience“?

Doch das überraschende: Wenn wir die Idee hinter TX betrachten und den ganzen Hype auslassen, dann steckt eine interessante Idee in dem Konzept. Allerdings eine, die wir als Systems Engineers schon lange kannten. Aber wenn der Chef mit TX in der Tür steht, sollten wir eine Antwort parat haben.

Buzz von den großen Unternehmensberatungen

Die üblichen Verdächtigen sind bereits dabei, den Hype hinter TX aufzubauschen. So bezeichnet Gartner es als einen der aktullen zwölf IT-Trends, KPMG sieht es ähnlich.

Gerade die Unternehmensberatungen haben längst das „X“ auch über den technischen Kontext hinaus angewendet. So haben diese längst Begriffe wie Kunden-Erfahrung (Customer Experience, CX) oder Mitarbeiter-Erfahrung (Employee Experience, EX) eingeführt, welche sich schön neben der User Experience einreihen. Was liegt näher, als diese ganzen Erfahrungen ganzheitlich zu betrachten?

Das hier eingebettete Bild von Virtuos zeigt ganz nett, worum es geht:

Systems Engineering war schon immer ganzheitlich

Eine ganzheitliche Sicht war schon immer die Aufgabe des Systems Engineering. Unter diesem Aspekt ist Total Experience nichts wirklich neues. Allerdings ist der Scope von TX weiter gegriffen als Systems Engineering, da es auf die gesamte Organisation angewendet werden soll.

Wenn Entscheider auf den TX-Bandwagon aufspringen besteht die Gefahr, dass sie versuchen, es dem Systems Engineering überzustülpen. Und das könnte ein Problem verursachen, wenn dabei vergessen wird, dass Systems Engineering bereits das Konzept von TX im eigenen Scope kennt. Denn im Systems Engineering stand schon immer der Stakeholder im Mittelpunkt.

Auch der von Virtuos vorgeschlagene Lösungsansatz nicht neu, nämlich die Frage nach dem Warum. Gerade Links oben im V-Modell geht es ja um die Problemwelt, in der wir das „Wie“ ganz bewusst ausklammern.

Daher ist es wichtig für uns als Systems Engineers, dass wir die Entscheider gedanklich einfangen, wenn sie plötzlich TX einführen wollen.

Erfahrung aus dem Systems Engineering nutzen

Wir müssen den Entscheidern vermitteln, dass im Systems Engineering schon eine Reife vorhanden ist. Das Systems Engineering ist in einer guten Position, die Verbreitung von TX in der Organisation zu unterstützen. Falls die Führung des Unternehmens es wirklich ernst meint (und die Ernsthaftigkeit mit einem Budget unterstreicht), dann besteht hier eine Menge Potential. Und wenn das Systems Engineering hier eine führende Rolle übernimmt, dann reduziert sich die Gefahr, dass viele Errungenschaften über den Haufen geschmissen werden.

Dennoch: Ich fürchte, dass TX in vielen Unternehmen ein kurzer Hype bleiben wird, der übernächstes Jahr schon wieder mit etwas anderem ersetzt wird. Das sollte uns nicht daran hindern, TX zu praktizieren – auch ohne hippes Kürzel.

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Michael Jastram

Creator and Author of SE-Trends