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Kreislaufwirtschaft: Systems Engineering für einen besseren Planeten

Dass wir unseren Planeten besser behandeln müssen, hat sich inzwischen herumgesprochen. Die Natur zeigt uns, wie es geht: Recycling. Wir leben in einem (vereinfacht) geschlossenem System, dem lediglich die Sonne Energie hinzufügt. Damit ist unsere Welt eine Kreislaufwirtschaft, ein regeneratives System.

Doch wir Menschen haben bisher eine „Wegwerfwirtschaft“ betrieben. Ein Großteil unserer Abfälle wird über Verbrennung und Deponien dem Kreislauf entzogen. Um mit den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts fertigzuwerden müssen wir das ändern. Und Systems Engineering spielt dabei eine zentrale Rolle.

Luft-„Verschmutzung“ nicht zum ersten Mal

Gerade das Verbrennen ist ein Problem, da sich die Abfälle (CO₂) in der Atmosphäre akkumulieren. Dabei ist egal, ob wir Abfall oder fossile Energieträger verbrennen.

Es gibt zwei Wege, mit diesem Problem umzugehen. Das Beste wäre, einfach keine fossilen Energieträger mehr zu verbrennen. Das Verbrennen nicht-fossiler Energieträger wie Holz wäre in Ordnung, denn dann haben wir eine Kreislaufwirtschaft: Das CO₂ der Verbrennung wird dem neuen Brennstoff (wachsende Bäume) zugeführt, was einige Jahre dauert. (Technisch trifft das auch auf die fossilen Brennstoffe zu, doch die Zykluszeiten von Zehntausenden bis Millionen von Jahren sind problematisch.)

Die große Sauerstoffkatastrophe hatte einen Großteil des irdischen Lebens ausgelöscht

Wikipedia

In der Geschichte unserer Erde gab es übrigens ein Ereignis, dass einen Großteil des Lebens ausgelöscht hatte. Bei der großen Sauerstoffkatastrophe vor 2,4 Milliarden Jahren stieg die Konzentration von Sauerstoff in kurzer Zeit stark an. Zu dem Zeitpunkt war Sauerstoff für die meisten Organismen toxisch. Natürlich war dieses Ereignis notwendig, um die Atmosphäre mit dem für uns lebenswichtigem Sauerstoff anzureichern.

Die damaligen primitiven Lebewesen hatten weder das Bewusstsein noch die Möglichkeit einzugreifen. Heute ist das jedoch anders.

Der Wandel zur Kreislaufwirtschaft

Unter dem Namen „Circular Economy“ wird schon seit den 1970ern an der Kreislaufwirtschaft geforscht. Das Thema hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr Fahrt aufgenommen. Zum Beispiel gibt es seit 2009 die Ellen McArthur Foundation, die sich den Wandel zur Kreislaufwirtschaft zum Ziel gesetzt hat. Die Circular Economy basiert auf drei Prinzipien:

  • Abfall per Design systematisch reduzieren – Der beste Weg, Abfall zu vermeiden ist es, diesen gar nicht erst zu produzieren
  • Resilienz durch Diversifizierung – Nicht alles auf eine Karte setzen!
  • Energie möglichst aus erneuerbaren Quellen beziehen

Die Prinzipien sind einfach, die Umsetzung eine Generationenaufgabe.

Systems Engineering in der Kreislaufwirtschaft

Eine wichtige Rolle spielt die Verfahrenstechnik, die sich mit den Prozessen und Abläufen auseinandersetzt. Und damit sind wir beim Systems Engineering angekommen, welches für die Umsetzung der Abläufe verantwortlich ist. Die Verwandtschaft der Disziplinen ist im Englischen noch ein gutes Stück sichbarer

Verfahrenstechnik heißt „Process Systems Engineering“ auf Englisch

Wir stehen nun also vor der Herausforderungen, die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft mit unseren Werkzeugen als Systems Engineers umzusetzen.

Spannend in diesem Kontext ist das Paper von Avraamidou et al: Circular Economy – A challenge and an opportunity for Process Systems Engineering. Darin beschreiben die Autoren einen systematischen Ansatz. Die Autoren konkretisieren diese Ideen mit einer Fallstudie.

In ihrer Arbeit haben die Autoren eine Lücke aufgedeckt: Aktuell werden Haltbarkeit und Zuverlässigkeit von Produkten in der Verfahrenstechnik kaum berücksichtigt. Das ist jedoch ein wichtiges Ziel der Kreislaufwirtschaft. Das folgende Bild zeigt, wie dies in die Verfahrenstechnik eingebunden werden kann:

Quelle: Circular Economy – A challenge and an opportunity for Process Systems Engineering.

Die Bedeutung von Anforderungen

Wie so oft haben Anforderungen eine zentrale Bedeutung in der Produktentwicklung. Viele Prinzipien lassen sich ohne höhere Kosten realisieren, wenn sie nur von Anfang an berücksichtigt werden. Ein klassisches Beispiel ist Sicherheit. Umweltverträglichkeit ist ein anderes. Ich erinnere mich an eine Vorlesung zur Produktentwicklung, an der ich in den 90ern am MIT teilgenommen hatte. Auf der Suche nach weniger Umweltbelastung wurde für das Verpackungsmaterial von Styropor auf Pappe gewechselt. Die neue Verpackung war nicht nur wesentlich umweltfreundlicher, sondern auch billiger.

Um also als Systems Engineers bei der Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft zu helfen, müssen wir die relevanten Anforderungen von Anfang an berücksichtigen. Ich gehe davon aus, dass wir in naher Zukunft viel spannende Forschung und ermutigende Entwicklungen sehen werden. Ich freue mich darauf.

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Michael Jastram

Creator and Author of SE-Trends