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Systems Engineering 2021 in Deutschland – eine Studie

Zum zweiten Mal veröffentlichen Prozesswerk und die Gesellschaft für Systems Engineering (GfSE) eine Studie zu Systems Engineering in Deutschland. Grund genug, für die Leser von SE-Trends einen Blick hineinzuwerfen. Neben aktuellen Erkenntnissen aus 2021 ermöglicht der Vergleich mit der Studie von 2018 auch Trends zu erkennen. Im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse aus der aktuellen Studie:

Die Studie

Als gemeinnützige Organisation unterstützt die GfSE natürlich gern Studien wie diese, die im Downloadbereich vom Prozesswerk bereitstehen. Die reichlich bebilderten Studien sind lediglich 13 bzw. 15 Seiten lang und schnell gelesen.

Hilfreich für Entscheider ist das Framework, welches die Studie für die Strukturierung einsetzt. Dieses basiert auf Ansätzen von NASA, INCOSE und GfSE. Dabei werden Verantwortungen nach den Fragen, Wer, Was, Wie verteilt.

Zentral ist das Zusammenwirken von klarer Zuordnung von Verantwortung (Wer?), definierten Aktivitäten (Was?), strukturierter Herangehensweise (Wie?) und zweckmäßigem Einsatz von Hilfsmitteln (Womit?).

SE-Studie 2021

Beim Vergleich mit der alten Studie bewerten die Befragten in 2021 Prozesse und Methoden wesentlich höher ein, während Organisation und Tools nur leicht gestiegen sind. Leider fehlen in der Studie die konkreten Zahlen. Statt dessen gibt es nur eine Balkengrafik ohne vernünftige Skala.

Komplexität als Treiber

Von den sechs identifizierten Treibern für blieb Komplexität mit 84% in den zwei Studien unverändert mit Abstand die Nummer eins (Mehrfachnennung war möglich).

Interessanterweise ist das Thema Verfolgbarkeit gesunken (von 51% auf 41%). Wirklich wundern tut mich das nicht: Verfolgbarkeit ist ein Mittel zum Zweck um etwas zu erreichen, zum Beispiel Compliance oder Agilität (durch besseres Change Management). Ironischerweise erwähnt der Bericht auch die Bedeutung von Modellierung, welches ja implizit eine reichhaltige Verfolgbarkeit ermöglicht.

Konfliktmanagement ist kritisch

Es hat sich schon lange herumgesprochen, dass Systems Engineering ein strategisches Thema ist. Dementsprechend sehen die Teilnehmer die Verantwortung beim Management. Hier lassen sich die Studien schwer vergleichen, da die Studie von 2021 weiter in Top-Management und Mittleres Management untergliedert.

Auch eher unverändert ist die Einsicht, dass sich bestehende Mitarbeiter weiterbilden müssen. Neue Mitarbeiter mit gewünschten Fachkenntnissen einzustellen ist zwar wünschenswert, doch im großen Stil unrealistisch.

Bei den Kompetenzen fällt in der 2021 Studie auf, dass 74% der Befragten Konfliktmanagement als „sehr wichtig“ einschätzen. Dass ist bemerkenswert, da Konfliktmanagement in der 2018 Studie gar nicht auftaucht.

Quelle: SE-Studie 2021

Nur erfahrene Modellierer gewünscht

Die Umfrage setzt sich auch mit Kompetenzen auseinander. Schade ist hier, dass nur vier betrachtet werden: Normen und Standards, Agile Methoden, Modellierung mit SysML und der Umgang mit Anforderungen.

Diese Liste erscheint mir etwas willkürlich. Insbesondere ist unklar, ob die Befragten in ihrem Unternehmen die Kompetenzen auch brauchen. Ganz provokant: Nicht jedes Produkt erfordert Modellierung, und wenn doch, gibt es außer SysML auch viele andere Notationen.

Quelle: SE-Studie 2021

Gerade die Antwort bezüglich der Modellierung deckt eine große Problematik auf: Teams suchen dringend Mitarbeitende mit mehrjähriger Erfahrung. Wenn es jedoch keinen Bedarf an unerfahrenen Modellierern gibt, wo sollen diese dann herkommen?

Fazit

Die Studie 2021 bestätigt, was ich hier schon mehrfach schrieb: Komplexität ist ein wesentlicher Treiber für das Systems Engineering. Für alle Stakeholder des Systems Engineering ist die Studie ein hilfreiches Instrument, um den eigenen Stand einzuschätzen und die Umsetzung zu planen.

Photo by Christian Lue on Unsplash

Michael Jastram

Creator and Author of SE-Trends