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Automotive-Transformation: Milliarden für VW-Tochter Cariad

Die deutsche Automobilindustrie steht unter Druck hohem Druck, das ist nicht neu. Doch die einzelnen Hersteller gehen unterschiedliche Wege. VW hat seit 2020 mit Cariad eine eigenständige Geschäftseinheit. Jetzt sagt VW-Konzernchef Herbert Diess dem Handelsblatt, dass VW 2,5 Milliarden Euro in Cariad investieren wird. Pro Jahr.

Die Herausforderung ist nicht die Elektrifizierung des Autos, sondern die Digitalisierung. Im Handelsblatt-Interview sagte Diess, dass VW heute lediglich ca. 10% der Software selbst entwickelt, aber einen Anteil von 60% in vier Jahren anstrebt.

Autonomes Fahren sieht Diess dabei als einen der Haupttreiber, welche er als ein dominierendes Komfortelement sieht. Das erklärt sicher auch, warum Cariad in Ingolstadt (Audi) angesiedelt ist und nicht in Wolfsburg. Um die Vision umzusetzen entwickelt Cariad ein Betriebssystem für Autos (VW.OS), welches mittelfristig in allen Fahrzeugen eingesetzt werden soll.

Programmierer bei Cariad in Großraumbüros?

Ich halte es für eine kluge Entscheidung, die Softwareentwicklung in eine eigene Tochtergesellschaft zu verlegen, statt diese im Mutterkonzern zu belassen. Softwareentwicklung ist schwierig. Ein Umfeld mit langjährigen Fahrzeugtechnikern könnte schnell zu Konflikten und Politik führen. Unter dem Gesichtspunkt frage ich mich sogar, ob ein Standort mit größerer Entfernung zu Audi nicht sinnvoll gewesen wäre. Der Weg von VW erscheint mir zumindest sinnvoller als der von Daimler, die den Konzern selbst in eine Softwarefirma transformieren wollen.

Eine große Herausforderung wird sicherlich das Management der Entwickler. Das Coverbild bei heise Autos zeigt Entwickler im Großraumbüro. Das allein wird viele gute Programmierer abschrecken, denn in so ein Umfeld wird die begabtesten Interessenten abschrecken.

Vielleicht ist das nur schlechte PR, denn Diess orientiert sich bei seinen Aussagen an Apple, mehr noch als an Tesla. Um jedoch mit Apple mithalten zu können, muss Cariad auch wie Apple handeln. Das bedeutet eben auch entsprechende Strukturen und Arbeitsbedingungen. Ich bin gespannt.

Investment in deutsche Automotive-Innovationen dringend nötig

Doch grundsätzlich ist die Bewegung im deutschen Automotive-Umfeld zu begrüßen und auch dringend notwendig. In einer Investorenrunde wurden vor drei Jahren (2018) ein paar Zahlen im Bereich Automotive genannt. In den sieben Jahren von 2011 bis 2018 haben die USA US$ 56 Milliarden in Automotive investiert, China über US$ 30 Milliarden. Deutschland hingegen gerade mal eine Milliarde. Ob diese Zahlen belastbar sind sei dahingestellt, doch die Kernaussage steht: Wenn Deutschland im Automotive Weltführer sein möchte, muss ganz anders investiert werden.

Zum Glück hat sich hier in den letzten paar Jahren eine Menge geändert. Laut VDA lagen die Investitionen für Forschung und Entwicklung im Bereich Automotive in Deutschland in 2018 bei €45 Milliarden pro Jahr. Das ist schon eine andere Nummer.

Image by Tayeb MEZAHDIA from Pixabay

Michael Jastram

Creator and Author of SE-Trends