Der digitale Faden: SE-Argumente für Entscheider
Eines der vielen Buzz-Wörter der heutigen Zeit ist der „Digital Thread“, der digitale Faden. Damit ist gemeint, dass alle Daten des Produktlebenszyklus miteinander verknüpft und sinnvoll nutzbar sind. Um das zu ermöglichen, brauchen wir Nachverfolgbarkeit (Traceability). Das Bild des digitalen Fadens eignet sich gut, um als Systems Engineer dem Management die relevanten Konzepte zu vermitteln.
Traceability vs. Digital Thread
Während Traceability ein technisches Konzept ist, ist der digitale Faden ein Bild. Bilder eignen sich gut, um mit Entscheidern zu kommunizieren. Außerdem vermittelt das Bild einen Nutzen, nämlich um einen Weg zu finden, wie schon die alten Griechen wussten.
Traceability hingegen ist ein technischer Begriff und ermöglicht wichtige Anwendungsfälle. Doch Entscheider tun sich oft schwer, den Wert eines technischen Konzepts für den Geschäftserfolg einzuschätzen. Der Begriff „digitale Faden“ hilft bei der Übersetzung und Kommunikation mit dem Management.
Was Entscheider nachts wach hält
Entscheider interessieren sich nicht wirklich für „Coverage“ oder „Suspect Links“. Sie interessieren sich für Risiken wie Produktverzögerungen, Mängel, Kostenüberschreitungen, fehlgeschlagenen Verifizierungen und Validierungen, Rückrufe usw. Und hier können wir argumentieren, dass eine durchgängige Prozesstransparenz für eine bessere teamübergreifende Zusammenarbeit und die frühzeitige Erkennung von Anomalien erforderlich ist.
In den Köpfen von Entscheidern finden wir nicht einzelne, miteinander verknüpfte Anforderungen. Die Bilder in deren Köpfen sind korrupte Lieferketten, Datensilos und unterbrochene Prozesse. All dies lässt sich gut mit dem Bild des digitalen Fadens visualisieren.
Konkretisierung im Systems Engineering
Wir müssen Entscheidern vermitteln, dass der Digitale Faden der beste Ansatz ist, um das Risiko negativer Produktergebnisse zu verringern und gleichzeitig die technische Autonomie und Produktivität zu erhalten. Eine oft zitierte Definition vom digitalen Faden stammt aus einem Paper von 2018 von Singh and Willcox, Engineering Design with Digital Thread. Dort definieren sie den Begriff folgendermaßen:
Digital Thread: A data-driven architecture that links together information generated from across the product lifecycle and is envisioned to be the primary or authoritative data and communication platform for a company’s products at any instance of time.
Engineering Design with Digital Thread
Diese Definition können wir nun im Kontext von Systems Engineering interpretieren:
- Datengetriebene Architektur: Im SE-Kontext bedeutet dies, dass wir Daten benötigen um arbeiten zu können. Je besser diese Daten unsere Anwendungsfälle unterstützen, umso besser. Der Trend geht in Richtung zu maschinenlesbaren, strukturierten Daten. Das Ziel wäre hier ein vollständiges Systemmodell. In der Praxis besteht unsere Systembeschreibung immer noch aus viel Text, der in der Regel nicht maschinenlesbar ist.
- Verbindet Information über den gesamten Produktlebenszyklus: Zum anderen sind wir noch weit von einem vollständigen Modell entfernt. In der Praxis ergeben sich immer noch viele Brüche zwischen Werkzeugen, die sich nicht leicht überbrücken lassen.
- Die primäre oder maßgebliche Daten- und Kommunikationsplattform: Dies sollte das Ziel sein, insbesondere die Reduzierung von Redundanzen. Das geht Hand in Hand mit dem vorherigen Thema, der Integration.
- Jederzeit die korrekte Produktinformation: Eine weitere Dimension ist die Versionierung, bzw. Baslining, Konfigurationsmanagement und der Umgang mit Änderungen.
Fazit
Wie viele andere Buzz-Wörter ist der digitale Faden – Digital Thread – schon ziemlich ausgelutscht. Doch im Systems Engineering haben wir eine sehr konkrete Vorstellung, wie sich der digitale Faden in unserer Arbeit manifestiert. Und daher ist „Digital Thread“ ein nützlicher Begriff, um mit den Entscheidern zu kommunizieren.
Photo by amirali mirhashemian on Unsplash