Valispace – Fokus auf Hardware
Software frisst die Welt auf – doch wenn man nur tief genug gräbt, stoßen wir doch irgendwann wieder auf Hardware. Und dort ist eine Reformation überfällig. Das ist zumindest die Meinung von Valispace, einer in 2016 gegründeten Firma. Ziel von Valispace ist es, den Entwicklungsprozess von Hardware radikal zu beschleunigen, so wie es bei Software bereits der Fall ist.
Ich habe mir Valispace – Firma und Werkzeug – etwas genauer angeschaut.
Valispace wurde von drei europäischen Ingenieuren gegründet und hat in 2018 eine Million Euro vom HTGF erhalten. Das Produkt selbst ist webbasiert, mit ein paar Klicks ist es möglich, auf einen Demo-Account zuzugreifen. Doch dazu gleich mehr.
Warum?
Die Arbeitsweise, die in der Hardwareentwicklung noch oft vorgefunden wird, ist teilweise haarsträubend und macht Wiederverwertung und Zusammenarbeit schwer. Dazu gehören per E-Mail verschickte Excel-Tabellen, abgelegte PDFs und ähnliche Arbeitsweisen. Allerdings klammern die Gründer explizit Bereiche wie CAD aus, in dem es bereits sehr ausgereifte Lösungen gibt.
Das eigentliche Problem besteht darin, dass viele aus der Softwareentwicklung bekannte Konzepte einfach nicht möglich sind: Insbesondere die Zusammenarbeit im Kontext einer zentralen Datenhaltung, als auch die effiziente Wiederverwendung fehlen. Plattformen wie gitHub und gitLab ermöglichen dies seit Mitte der 2000er. Hinzu kommt, dass Open Source die Entwicklung komplexer Systeme rasant beschleunigt hat. Auch wenn es ähnliche Initiativen im Hardwarebereich gibt, so handelt es sich dabei aktuell um Nischenerscheinungen.
Das Folgende Bild zeigt, wie sich Valispace selbst im Markt positioniert:

Zentrale Idee: Parametrisierung
Der Mitgründer Marco Witzmann lamentiert, dass SysML und ähnliche MBSE-Ansätze zu akadmisch und zu kompliziert sind. Eine ähnliche Frage stellte ich auch kürzlich. Wobei es ja in vielen Bereichen der Entwicklung inzwischen gute Lösungen gibt, sei es Jama für Anforderungen oder Onshape im CAD. Diese Lösungen, sind webbasiert, wie Valispace, und inhaltlich komplementär. Das passt zu meiner These, dass die Zukunft die Integration von Best-of-Class Softwarelösungen sein wird.
Die Zentrale Idee bei Valispace ist die Parametrisierung der Inhalte. Das ist in dem folgenden Screenshots zu sehen. Valispace ermöglicht es, mathematische Modelle zu hinterlegen, wie bspw. die Entladekurve in der Mitte unten. Andere Informationen, wie das Gewicht (links), können über den Komponentenbaum zusammengefasst werden.

Anforderungen…
Soweit sieht Valispace sehr vielversprechend aus. Doch wie bewährt es sich in der Praxis? Die Raumfahrt dominiert den Kundenkreis. Das ist nachvollziehbar: Zum einen kommen die Gründer aus dieser Branche, zum anderen gibt es dort viel Einsparpotential, seit SpaceX den Markt umkrempelt.
Da ich mich in dem Bereich bewege, schaute ich mir zunächst an, wie Valispace mit Anforderungen umgeht. Leider scheint es hier keine Attributierung oder formatierten Text zu geben. Das ist schade, aber nicht verwunderlich, schließlich liegt der Fokus woanders. Mittelfristig wird das hoffentlich ausgebaut. Interessanter fand ich, dass DOORS unterstützt wird, und zwar über OSLC. Theoretisch sollte also jedes RE-Werkzeug, das OSLC unterstützt, angebunden werden können.
… und Komponenten
Doch das Herzstück von Valispace ist der Komponentenbaum. Diese können beliebig mit Parametern versehen werden zwar auch Formeln und Matrizen. Und mit diesen kann dann auch gerechnet werden.
Um diese Komponenten herum wird dann auch die Arbeit angeordnet. Dazu gehören Analyse, Kollaboration, Aufgabenlisten und natürlich, ganz wichtig, Simulation. Das Bild oben zeigt, was möglich ist.
Integration ist wesentlich
Wirklich tief habe ich mir Valispace noch nicht angeschaut, aber der erste Eindruck ist gut. Die Weboberfläche sieht modern aus, auch wenn die Bedienung ohne das Lesen der Dokumentation schwierig ist. Der zentrale Teil des Werkzeug – die Parametrisierung – scheint schnell einen fassbaren Mehrwert zu schaffen. Also ein Minimal Viable Product.
Für eine vierjährige Firma ist das eine beachtliche Leistung. Es gibt Bestandskunden wie Airbus und ESA, die den Wert der Lösung belegen. Wahrscheinlich besteht nun die Herausforderung, in den Mainstream überzugehen. Das geht nur, wenn andere Disziplinen mit angebunden werden, wie das Anforderungsmanagement (AM). Auch da ist es erfreulich, dass auf OSLC gesetzt wurde. Das erscheint mir vielversprechender, als das eingebaute AM weiter auszubauen.
Ich werde Valispace auf dem Radar behalten und wünsche dieser jungen Firma viel Erfolg.
Bildquelle: Valispace Pressekit