Produktentwicklung mit Advanced Analytics: Jama kauft Notion
Jama ist eine Software für die Produktentwicklung, mit Schwerpunkt auf Anforderungs- und Testmanagement. Ich habe mich das letzte Jahr intensiv mit Jama beschäftigt, da ich als freier Mitarbeiter für Jama tätig bin. Letztes Jahr habe ich auf der Modern RE einen Vortrag zu Jama gehalten, und auf der diesjährigen ReConf bin ich mit zwei Vorträgen vertreten, einer davon zu Jama.
Der Anlass für den heutigen Artikel ist die Akquisition der Firma Notion durch Jama. Warum dieser Kauf Sinn macht, und warum ähnliche Akquisitionen und Merger vermehrt auftreten wird im Folgenden diskutiert.
Vor nicht zu langer Zeit berichtete ich über einen im Systems Engineering relevanten Kauf, die Akquise von No Magic durch Dassault Systèmes. Die Implikationen in dem Fall waren wesentlich drastischer, da No Magic wesentlich größer als Notion war, und es zudem nicht allzu viele MBSE-Werzeuge im Markt gibt. Insofern ist das nicht mit der Akquise von Notion vergleichbar. Allerdings ist die zugrundeliegende Motivation ähnlich: Es geht darum, einen möglichst großen Teil der Wertschöpfungskette abzudecken. Dazu gleich mehr.
Business Intelligence
Aber erst zu Notion und Jama. Während Jama eine Software für die Produktentwicklung ist, ist Notion eine Plattform für Business Intelligence. Notion hat erkannt, dass viele Werkzeuge, wie Jama oder Jira, zwar brauchbares Reporting haben; Aber Business Intelligence (BI) geht weit über reguläres Reporting hinaus. Notion hat dazu das Feld von hinten aufgerollt: Statt mit den Daten anzufangen und daraus Berichte abzuleiten wird zuerst die Frage formuliert, und dann die zur Beantwortung benötigten Daten zusammengesammelt. Damit kann vermieden werden, dass Analysen und Reports zum Selbstzweck werden.
Erst die Frage zu formulieren verhindert, dass Analysen zum Selbstzweck werden
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Verzahnen oder Integrieren?
Jama hat bisher in vielen Bereichen auf die Verzahnung mit anderen Werkzeugen gesetzt. Das ist ein Ansatz, den ich bevorzuge. Ich habe einfach zu viele „eierlegende Wollmilchsäue“ gesehen, die nicht genug Flexibilität hatten, oder eine schwache Komponente, die nicht ausgetauscht werden kann. Die Integration von verschiedenen Werkzeugen reduziert das Risiko, weil im Ernstfall ein Werkzeuge relativ sauber durch ein anderes ersetzt werden kann. Andererseits ist eine Integration selten so nahtlos wie eine integrierte Software.
Im Falle von Notion ist offensichtlich, dass die bereits vorhandenen Analysetools durch Notion noch schneller weiterentwickelt werden können – das wird auch in der Pressemitteilung explizit ausgesprochen. Notion kann Daten aus vielen Datenquellen heranziehen. Daher wage ich zu bezweifeln, dass selbst nach der Integration Notion fest in Jama integriert werden wird.
Innovationen von der Technik ins Business
Was mir auffällt, und was wir sicher vermehrt sehen werden, ist die Übertragung von Ideen aus der Technik, die langsam aber sicher ins Business übernommen werden. Davon gibt es viele Beispiele: Bug Tracking wird für Customer Service eingesetzt; Agile Methoden, die zunächst in der Softwareentwicklung groß wurden, werden nun auch für die Produktdefinition herangezogen. Bei Business Intelligence ist es ähnlich: Ingenieure sind oft besessen von Metriken und Automatisierung, und haben eben auch die Möglichkeit, diese selbst zu implementieren.
Der Druck wächst
Hinzu kommt, dass der Leistungsdruck auf Unternehmen enorm hoch ist und neue Lösungen gesucht werden, denn die alten Ansätze skalieren nicht ewig. Den Druck kriegt das Management noch stärker zu spüren als die Belegschaft. Daher das große Interesse an Business Intelligence. Die Hoffnung ist, Probleme frühzeitig zu finden und damit Risiken zu senken und die Chancen auf Erfolg zu erhöhen.
Aber selbst die besten Werkzeuge helfen nur in den richtigen Händen. Daher darf der Faktor Mensch trotz aller Technik nicht unterschätzt werden.