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Inspiration zur Neugier und Bescheidenheit: Claus Jastram

Selten werde ich auf diesem Blog persönlich. Doch es ist mir ein Bedürfnis, hier meine Dankbarkeit für meinen Vater auszudrücken, der am 5. August 2019 verstorben ist. Ich erinnere ihn als einen großzügigen und bescheidenen Menschen, der seine Familie liebte. Doch im Folgenden möchte ich erzählen, wie er mich – und vor allem meinen Beruf – nachhaltig beeinflusst und inspiriert hat.

Mein Vater wuchs in einer von Technik geprägten Familie auf. Sein Großvater Carl Jastram gründete die Jastram-Werke, die Schiffsmotoren herstellte, und die von seinem Vater geführt wurde. Dadurch bekam er, und seine sechs Geschwister, schon frühzeitig direkten Zugang zum Maschinenbau und Ingenieurswesen. Jede Gelegenheit wurde zum Lernen genutzt: Das in einer Wette gewonnene Motorrad mussten die Geschwister in mühseliger Arbeit selbst wieder lauffähig machen. Dabei lernten sie alles Mögliche, wie die Funktionsweise von Verbrennungsmotoren, oder die Bedienung einer Drehbank.

Diese Begeisterung für Technik hat er an mich weitergegeben, auch wenn es bei mir mehr die Elektronik und Computertechnik war. Mit Begeisterung baute ich als Teenager meine eigene Stereoanlage und andere Gerätschaften, während mein Vater sicherstellte, dass die benötigten Werkzeuge und Bauteile nicht fehlten.

Nach dem 2. Weltkrieg hat er, wie viele seiner Geschwister, Deutschland verlassen. Für ihn war Amerika das gelobte Land, wo er 13 Jahre seines Lebens verbrachte.

Gern wäre er in den USA geblieben, doch er kehrte nach Deutschland zurück, um seinem Bruder zu helfen, die Jastram-Werke vor der Insolvenz zu retten, was ihm auch gelang. Umso erfreuter war er, dass ich nicht nur einen Studienplatz am M.I.T. bekam, sondern zehn Jahre lang selbst in den USA blieb. Wir hatten viele spannende Diskussionen um das Amerika von damals und dem von heute, den guten und den schlechten Seiten, und vieles mehr.

Mein Vater war sein Leben lang voller Neugier. Daher ist es nicht verwunderlich, dass er die Jastram-Werke dadurch reformierte, dass er eine zweite Firma aufbaute, die Jastram Forschung. Die Forschung sollte neue Produkte entwickeln, die von den Werken produziert und vertrieben werden sollten. Dazu gehörten zum Beispiel ein Großmengen-Separator, der vom Exxon Valdez-Unfall inspiriert wurde und später bei vielen Ölunfällen eingesetzt wurde. Die Jastram-Forschung wurde 1990 an ThyssenKrupp verkauft.

Diese Neugier habe ich von meinem Vater geerbt, und beruflich habe ich dementsprechend auch viel erkundet. Dabei ist das Systems Engineering die Disziplin, die alles zusammenhält. Und auch mein Vater war ein großer Systemdenker, der die ganzheitlichen Zusammenhänge zu schätzen wusste.

Wir werden ihn vermissen.

Michael Jastram

Creator and Author of SE-Trends