Was ist neu im IREB CPRE 3: Certified Professional for Requirements Engineering
Die Zertifizierung des International Requirements Engineering Board (IREB) ist eine Erfolgsgeschichte. Anforderungsmanagement ist eine wichtige Disziplin des Systems Engineering. Seit 2007 haben mehr als 76.000 Personen in 90 Ländern die Prüfung im CPRE Foundation Level abgelegt. Damit haben wir das Requirements Engineering professionalisiert und eine gemeinsame Sprache etabliert.
Vor gut einem Jahr hat die IREB den Lehrplan komplett überarbeitet. Da ich in Kürze ein CPRE Foundation-Training durchführen werde, ist das eine gute Gelegenheit, meinen Lesern hier einen Überblick über den Inhalt und die Änderungen zu vermitteln.
Ich hatte das Glück, die Entstehung des IREB mitzuerleben, da ich im Jahr 2006 Berater für die HOOD Group war. Colin Hood hat das Board damals mitbegründet und ist auch heute noch in der Arbeitsgruppe Modeling im IREB aktiv.
Die Levels des CPRE
Die CPRE-Zertifizierung besteht aus drei Leveln und insgesamt sieben Modulen, wie im folgenden Diagramm zu sehen ist:

Dabei ist das Foundation Level sowohl das populärste als auch das wichtigste Modul. Denn mit dem Foundation Level etablieren wir eine gemeinsame Sprache und ein Grundwissen, was die Kommunikation im Umgang mit Anforderungen drastisch verbessert.
Der Sinn der Advanced Levels ist offensichtlich und vertieft vier mögliche Themenbereiche. Interessant ist das Expert Level, für das es keinen Lehrplan gibt. Hier können Experten basierend auf ihrer einschlägigen Erfahrung ihren Expertenstatus nachweisen.
CPRE Foundation Level
Das Schulung für das Foundation Level ist auf drei Tage ausgelegt. Das IREB hat einen ausführlichen Lehrplan (50 Seiten), der kostenlos von der IREB-Webseite heruntergeladen werden kann. Aus dem folgenden Bild lässt sich erkennen, dass das IREB den Plan komplett überdacht hat. Die Struktur wurde von acht auf sieben „Educational Units“ reduziert:

Mir gefällt insbesondere EU2: Prinzipien. Prinzipien sind Zeitlos und bilden damit ein solides Fundament für den Rest des Kurses.
9 Prinzipien
Die neun Prinzipien aus EU2 sind:
- Wertorientiertheit: Anforderungen sind ein Mittel zum Zweck, nicht ein Ziel an sich
- Stakeholder: Beim RE geht es darum, die Wünsche und Bedürfnisse der Beteiligten zu befriedigen
- Gemeinsames Verständnis: Erfolgreiche Systementwicklung ist ohne eine gemeinsame Basis nicht möglich
- Kontext: Systeme können nicht isoliert verstanden werden
- Problem – Anforderung – Lösung: Ein unweigerlich verflochtenes Dreiergespann
- Validierung: Nicht validierte Anforderungen sind nutzlos
- Weiterentwicklung: Sich ändernde Anforderungen sind kein Einzelfall, sondern der Normalfall
- Innovation: Mehr vom Gleichen ist nicht genug
- Systematische und disziplinierte Arbeit: Ohne dies geht es im RE nicht
Zeitplan
Der CPRE-Lehrplan gibt auch Vorgaben bezüglich der Länge der einzelnen Educational Units Dabei ist EU3 (Work Products and Documentation Practices mit sieben Stunden mit Abstand die längste. Der Lehrplant ist an dieser Stelle glücklicherweise weiter untergliedert, um dem Dozenten die Strukturierung dieses Blocks so einfach wie möglich zu machen.
Ein nach EU3 strukturierter Tag ist für die Teilnehmer extrem intensiv. Dort gibt es einen Rundumschlag von natürlichsprachigen Anforderungen zu Modellen. Der Zusammenhalt von Anforderungen in Spezifikationsdokumenten wird behandelt, genauso wie die Bewertung der Qualität, einschließlich Hilfskonstrukte wie Schablonen oder Glossare.
Die nächsten Einheiten bauen auf EU3 auf. In EU4 lernen wir, wie wir die Anforderungen erheben, einschließlich dem wichtigen Thema Konfliktlösung. Und EU5 schließlich befasst sich mit dem leidigen aber wichtigen Thema Prozesse.
Bis zu diesem Punkt ging es primär um das Thema Requirements Engineering. EU6 geht auf das Requirements Management ein, also um den Lebenszyklus der Anforderungen. Erst hier taucht das Thema Nachverfolgbarkeit (Traceability) auf. Das finde ich schade, da meiner Meinung nach dies einer der wichtigsten und nützlichsten Aspekte bei der Arbeit mit Anforderungen ist.
Werkzeuge haben das Potential, den Merhwert von vielen Konzepten den Teilnehmern anschaulich zu vermitteln.
Auch schade finde ich, dass der Lehrplan lediglich 30 Minuten in EU7 für das Thema Werkzeuge einräumt. Ich kann das natürlich verstehen: Schließlich haben Werkzeuge die Angewohnheit, vom eigentlichen Thema abzulenken. Aber gleichzeitig entfalten viele Konzepte des Lehrplans erst im Einsatz mit Werkzeugen ihr Potential, wie Traceability oder Versionierung. Ich bin überzeugt, dass der geschickte Einsatz eines Werkzeugs den Teilnehmern anschaulich vermitteln kann, welchen Mehrwert die Konzepte in der Praxis haben.
Fazit: Eine gelungene Überarbeitung
Mir gefällt der neue Syllabus der IREB CPRE Foundation-Schulung. Nicht jeder ist an einer Zertifizierung interessiert. Doch ich kann jedem Leser empfehlen, den 50-Seitigen Lehrplan mal durchzublättern. Dieser ist hervorragend zu lesen und hilft auch erfahrenen Menschen, Lücken im eigenen Wissen zu erkennen.
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