Generatives Design: Kann KI kreativ sein?
Um die Frage im Titel zu beantworten, habe ich diesmal ein von einer KI generiertes Bild verwendet. Es ist das Ergebnis von generativem Design mit der Beschreibung: „Expressive oil painting of a human and a robot in space standing on a meteor with stars in the background and an eye floating in the sky.“
Das ist generatives Design. Aber: Ist das kreativ? Und was bedeutet das für das Systems Engineering?
Was ist generatives Design?
Generatives Design ist ein iterativer Entwurfsprozess, bei dem ein Programm Ausgaben generiert, basierend auf vorgegebenen Rahmenbedingungen. Diese Ausgaben werden nicht übernommen, sondern dient in der Regel als Startpunkt für die nächsten Arbeitsschritte, die oft Teil des iterativen Prozesses sind. Die Ausgaben können von Menschen oder maschinell weiterverarbeitet werden. Zum Beispiel werden Ergebnisse oft in eine Testumgebung gesetzt, um die Performance des Ergebnisses zu evaluieren. Der Designer lernt mit jeder Iteration, das Programm zu verfeinern, um den Entwurfszielen immer näher zu kommen.
Das Ergebnis können Bilder, Töne, Architekturmodelle, Animationen und vieles mehr sein. Es handelt sich also um eine schnelle Methode zur Erkundung von Gestaltungsmöglichkeiten. Dies kann nicht nur in der Kunst (siehe Titelbild) eingesetzt werden, sondern auch in Architektur, Design und vielen anderen Domänen.
Generatives Design kann den Entwicklungsprozess drastisch beschleunigen, um optimale Lösungen zu finden. Es ahmt die evolutionäre Herangehensweise der Natur an das Design durch genetische Variation und Selektion nach.
DALL-E
Ich kann nicht wirklich gut malen. Trotzdem ermöglicht mir generatives Design, ein passables Bild im Stil des Expressionismus zu erschaffen. Für das Titelbild habe ich das System DALL-E von OpenAI eingesetzt.
DALL-E ermöglicht mir, auch ohne große Erfahrung in der Malerei meine Ideen umzusetzen. Und damit sind wir auch schon bei dem Thema Kreativität: Der kreative Inhalt steckt jetzt nicht mehr in den Pinselstrichen, sondern in dem von mir geschriebenen Text. DALL-E steuert lediglich „Erfahrung“ bei. Die Erfahrung steckt in einem Machine Learning-Modell.
Ich konnte mit den Texten experimentieren, bis ich ein Ergebnis hatte, mit dem ich zufrieden war. Selbst ein ausgebildeter Künstler hätte mehrere Tage gebraucht, um die folgenden 24 Varianten zu erstellen.

Kreativität verschiebt sich
Generatives Design gewinnt an Bedeutung, da nun auch Designer mit wenig Programmiererfahrung schnell Ideen umzusetzen können. Darüber hinaus können mit diesem Verfahren Lösungen für wesentlich komplexere Probleme geschaffen werden. Zum einen, weil die Abhängigkeit zu Spezialisten drastisch sinkt (in diesem Falle: Maler), zum anderen, da eine wesentlich größere Lösungsmenge untersucht werden kann.
Hersteller von Softwarewerkzeugen haben bereits begonnen, ihre Werkzeuge mit Erweiterungen für generatives Design zu ergänzen. Hier ein Beispiel
Fallstudie: Generatives Design im CAD
Neue Fertigungstechniken wie „3D-Drucken“ eröffnen Designern von mechanischen Komponenten neue Möglichkeiten, insbesondere Gewichtsreduzierung. Das folgende Paper zeigt dies anhand der Gewichtsoptimierung von Bauteilen:

Performance-Driven Engineering Design Approaches Based on Generative Design and Topology Optimization Tools: A Comparative Study
Loris Barbieri and Maurizio Muzzupappa
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass generatives Design dem klassischen Ansatz aus zwei Gründen überlegen ist: Erstens besteht beim konventionellen Ansatz die Gefahr, dass der Algorithmus lediglich ein lokales Optimum findet. Weiterhin braucht es keine Designvorgaben (Design Space), sondern lediglich die Rahmenbedingungen des Designs. Dadurch kann generatives Design Möglichkeiten erkunden, die beim traditionellen Ansatz durch die Designvorgaben nicht mehr zugänglich sind.
Fazit
Um die Frage im Titel noch einmal zu beantworten: Nein, generatives Design ist nicht kreativ. Die Kreativität wird lediglich verschoben, wodurch es Nicht-Experten leichter gemacht wird, am kreativen Prozess teilzunehmen.
Generatives Design hat den weiteren Vorteil, das wir eine wesentlich größere Anzahl von Entwürfen untersuchen können, was hilft, die Komplexität in der Entwicklung zu beherrschen.
Das Beispiel aus dem CAD-Bereich zeigt, wie wir im Systems Engineering generatives Design einsetzen können. Ich vermute, dass wir in den nächsten Jahren viele neue Anwendungsfälle sehen werden.