Machbarkeitsstudie ist out, MVP ist in!
Es ist essentiell, dass wir uns mit neuen Technologien auseinandersetzen. Doch wie machen wir das am Besten? Wenn zum kennenlernen viel Zeit investiert werden muss, möglicherweise von einem Team, dann ist der klassische Weg die Machbarkeitsstudie (Feasibility Study, Proof of Concept, PoC). Doch Vorsicht! gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit können wir leicht Ressourcen mit Studien binden, ohne wirklich voranzukommen. Und es gibt eine bessere Alternative:
Das Problem mit der Machbarkeitsstudie
Machbarkeitsstudien sind aus mehreren Gründen problematisch:
- Sie finden in einem künstlichen Umfeld statt und können dadurch nur eine begrenzte Aussage über den Geschäftsnutzen machen: Sie zeigen lediglich, dass etwas machbar ist.
- Sie fokussieren sich oft auf die Technik: Funktionen, Kompatibilität, etc. Dabei geht der Blick auf den Mehrwert der Technik verloren
- Es ist unklar, wie es weitergeht. Selbst wenn es Metriken gibt um zu entscheiden, ob die Machbarkeitsstudie ein Erfolg ist oder nicht: Ist auch klar, wie es dann weitergeht?
Der bessere Weg: MVP
Die Alternative zur Machbarkeitsstudie ist ein MVP, Minimal Viable Product. Ein MVP ist ein minimal brauchbares oder existenzfähiges Produkt. Wichtig ist, dass ein MVP bereits einen Wert für die Stakeholder schafft.
Damit ein MVP Sinn macht, muss dieses zur Anwendung kommen, um Stakeholder zu helfen. Das ist einer der wichtigsten Unterschiede zur Machbarkeitsstudie.
MVP kann nicht überall die Machbarkeitsstudie ersetzen
Die Machbarkeit von vielem kann studiert werden und nicht jede Machbarkeitsstudie sollte von einem MVP ersetzt werden. Im Systems Engineering geht es in der Regel um die Machbarkeit von (1) neuen Features in Kundenprodukten oder (2) gänzlich neue Produkten.
Ersteres lässt sich durch agile Herangehensweisen realisieren. Ein Beispiel dafür ist Extreme Manufacturing. Bei diesem Ansatz unterscheidet sich fast alle neu hergestellten Produkte voneinander, wenn auch oft nur in Details. Bei Wikispeed, zum Beispiel, wird im Wochentakt das Fahrzeug weiterentwickelt, getestet, gebaut, zertifiziert und verkauft.
SpaceX Raptor-Engines werden alle zwei Tage überarbeitet und unterscheiden sich in Materialien, Software und weiteren Details
Joe Justice, Wikispeed – Everyone Must Be a Chief Engineer at SpaceX | Iteration22
Machbarkeitsstudien werden auch für Bereiche eingesetzt, in denen es nicht um die Entwicklung eines eignen Produktes geht. Ein Beispiel wäre die Auswahl eines Modellierungswerkzeugs für das Team. In so einer Situation können wir nur eine Machbarkeitsstudie durchführen, da wir vom Werkzeughersteller ja keinen an uns angepassten MVP verlangen können. Wenn wir jedoch Eine Entwicklung für ein internes Werkzeug beauftragen oder sogar selbst durchführen, dann wäre ein MVP genau der richtige Weg.
Fazit
Klar, wir werden auch in der Zukunft für bestimmte Situationen Machbarkeitsstudien benötigen. Doch gerade im Systems Engineering kommen wir wahrscheinlich mit MVPs wesentlich schneller voran.
Im schlimmsten Fall führen wir im Unternehmen zehn Machbarkeitsstudien pro Jahr durch und gehen dann aufgrund veralteter Technologien pleite…