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Wright’s Law – warum das Mooresches Gesetz veraltet ist

DAs Mooresches Gesetz– Moore’s law – besagt, dass sich die Komplexität von integrierten Schaltkreisen ohne einer Erhöhung der Kosten ca. alle 18 Monate verdoppelt. Diese Aussage ist nützlich und hat uns die letzten Jahrzehnte gute Dienste geleistet. Dennoch wissen wir, dass es irgendwann nicht mehr gültig sein wird, schon aufgrund der physikalischen Gegebenheiten. Weiterhin ist die Kopplung an die Zeit problematisch. Eine bessere Alterenative ist Wright’s Law, welches zum einen konsistent mit Moore’s Law ist, aber viel mehr Anwendungsbereiche hat.

Im folgenden geht es daraum was genau Wright’s Law ist und wie uns das Gesetz im Systems Engineering weiterhilft.

Wright’s Law: Der Lernkurveneffekt

Die Kernidee hinter diesem Gesetzt ist die Abhängigkeit der Kostenreduktion von der Häufigkeit, mit der eine Tätigkeit bereits durchgeführt wurde. Dabei kann es sich um die Aktivität eines Menschen handeln, aber auch um einen Produktionsprozess.

Übung macht den Meister

Altes Sprichwort

Diesen Effekt kennen wir alle, wenn wir etwas lernen. Dabei ist es egal, ob es etwas Motorisches ist, wie zum Beispiel Jonglieren. Oder ob es mentale Arbeit ist, wie zum Beispiel quadratische Gleichen zu lösen. Oder eine Produktionsaktivität, wie das Herstellen eines Stuhls – oder integrierten Schaltkreises.

Der Ingenieur Theodore Paul Wright beobachtet und artikulierte dies bereits 1936. Er beobachtete, dass in der Flugzeugproduktion sich der Arbeitsaufwand für jedes weitere hergestellte Flugzeug um ca. 20% reduzierte. Dies beobachtete er auch in der Produktion von anderen Gütern und formulierte dementsprechend das nach ihm benannte Gesetz folgendermaßen:

Bei jeder Verdoppelung der Gesamtmenge der produzierten Erzeugnisse sinken die Kosten um einen festen Anteil.

Wright’s Law

Wright’s Law ist überall

Nun ist sicher nachvollziehbar, dass diese Gesetzmäßigkeit auch auf das Moorsche Gesetz zutrifft. Statt sich auf ein Zeitintervall zu beziehen, können wir uns auch auf die Anzahl der produzierten Erzeugnisse beziehen, also die Anzahl der integrierten Schaltkreise.

Die Gesetzmäßigkeit lässt sich auf viele industrielle Bereiche anwenden und passt oft besser als Moore’s Law. Ein konkretes Beispiel: Solarzellen. Diese unterlagen in den letzten Jahrzehnten einem rapiden Preisverfall. Allerdings stagnierte der Preisverfall mehrfach zwischen 1990 und 2005, wie im dieser Grafik links zu sehen ist. Wenn wir jedoch auf der X-Achse statt der Zeit die installierte Kapazität an Solarzellen auftragen, ergibt sich plötzlich die von Wright’s Law vorhergesagte exponentielle Entwicklung (rechts):

File:Price history of silicon PV cells since 1977.svg
Quelle: Wikipedia
Quelle: Wikipedia

Was Wright’s Law für das Systems Engineering bedeutet

Die Implikationen von dieser Gesetzmäßigkeiten sind Zweierlei. Zum einen können wir bei einer Kostenkalkulation Wright’s Law mit einbeziehen. Dies ist besonders in Industrien mit großen Stückzahlen relevant, wie Smartphones oder Fahrzeuge. Zum Beispiel hat Elon Musk vor ein paar Jahren Lidar-Systeme als „Krücke“ bezeichnet. Zu diesem Zeitpunkt waren Lidar-Sensoren auch recht teuer. Allein durch diese Aussage hat Musk sicher auch zu Vorbehalten gegen Lidar beigetragen, was wahrscheinlich den Preisverfall von Lidar-Sensoren gebremst hat. Dennoch: Wenn nun ein Entwicklerteam eines großen OEMs sich für Lidar entscheiden sollte, dann wäre bei der Kostenkalkulation mit einem entsprechenden Preisverfall zu rechnen.

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Die zweite Implikation ist noch wichtiger: Wir machen immer mehr und lernen daher immer mehr. Es ist immer leichter, dies durch die Kombination von neuen Produkten auch zu nutzen. Ein Beispiel ist künstliche Intelligenz (KI). Die Anzahl der neuen Bibliotheken und Frameworks ist atemberaubend, wie ich kürzlich in meinem Gastartikel bei HOOD schrieb. Wer entsprechend leichtgewichtig vorgeht, um die relevanten Entwicklungen frühzeitig zu entdecken und zu verwerten ist klar im Vorteil.

Wir leben in einer Welt des exponentiellen Wachstums

Ob es uns nun gefällt oder nicht: Mit Moore’s Law haben wir erst die Spitze des Eisbergs gesehen. Wright’s Law taucht plötzlich überall auf und sorgt für eine gegenseitige Beschleunigung. Wer das im Systems Engineering nicht berücksichtigt wird abgehängt.

Photo by Jakob Owens on Unsplash

Michael Jastram

Creator and Author of SE-Trends