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Prostep ivip Symposium: Zusammenarbeit im Systems Engineering

Gestern, am 2.9.2020 fand das Prostep ivip Symposium statt, eine der ersten Konferenzen, an der ich seit Covid-19 teilgenommen habe. Die Teilnahme fand natürlich virtuell statt. Es gab wie immer viele spannende und anregende Vorträge. Ich möchte einen kurzen Eindruck der Veranstaltung vermitteln und werde einen für SE-Trends interessanten Vortrag von Peter Gerber zusammenfassen, „Collaborative Systems Engineering“.

Konferenzen in Corona-Zeiten

Die Prostep ivip hat die Messlatte für Online-Konferenzen extrem hoch gelegt: Die Veranstaltung wurde in hervorragender Qualität gestreamt und im Studio professionell von Yasmine Blair moderiert. Die Veranstalter versprachen, alle Vorträge in Kürze bei Youtube zu veröffentlichen. Etwa 1000 Personen hatten sich angemeldet. Wie viele letzten Endes teilgenommen haben ist mir nicht bekannt.

Schade war eigentlich nur die sehr begrenzte Möglichkeit, sich mit den Teilnehmern auszutauschen. Vor Beginn und in der einen Pause war ein Chat freigeschaltet, an dem aber nicht viel mehr passierte als „Guten Morgen aus dem Donautal“. Während der Konferenz konnte der Chat lediglich dafür benutzt werden um Fragen zu stellen, die am Ende jedes Vortrags beantwortet wurden.

Kollaboratives Systems Engineering

Peter Gerber stellte in seinem Vortrag die Ergebnisse mehrerer Prostep-Arbeitsgruppen vor, die dort traditionell „Foren“ genannt werden. Getrieben ist seine Arbeit von der Herausforderung, den Übergang von Produkt zum Service zu meistern. Da auch Daimler an dieser Arbeitsgruppe beteiligt ist, ging es hier beispielhaft um den Übergang von Auto zur Mobilität. Doch die selbe Herausforderung finden wir bei vielen anderen Produkten ebenfalls.

Viele Produkthersteller stehen vor der Herausforderung, den Übergang von Produkt zum Service zu meistern.

So ein Übergang ist eine intensive Team-Aktivität, bei der am Ende ein Service stehen muss, der denen der Mitbewerber in allen relevanten Funktionen überlegen ist. Diese Transition brauch kollaboratives Systems Engineering, über Firmengrenzen hinweg.

SysML für den Masterplan

Um so eine Aufgabe zu bewältigen brauchen wir einen Masterplan, an dem sich alle Beteiligten orientieren können. Unstrukturierte Formate („Flipchart“) reichen hier nicht mehr aus, daher setzen die Arbeitsgruppen auf SysML für die Architektur. Diese soll drei Aktivitäten unterstützen:

  1. Unterstützung des Anforderungsmanagements – Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, und aus einem Modell können viele Bilder (Sichten) abgeleitet werden. Daher soll das SysML-Architekturmodell als Fundament für das Anforderungsmanagements dienen.
  2. Unterstützung von V&V-Aktivitäten – Insbesondere funktionsorientierten Architekturen unterstützen die Verifikations- und Validierungsaktivitäten, zum Beispiel durch das Ableiten von Testfällen.
  3. Kollaboration über Firmengrenzen – Auch wenn es viele andere Möglichkeiten der Kollaboration mit SysML gibt, steht bei der Arbeitsgruppe besonders der Austausch über Firmengrenzen im Vordergrund, was über Workflows realisiert werden kann.

Workflows als Lösungsansatz

Die Arbeitsgruppen haben einen starken Fokus auf Arbeitsabläufe, die den Austausch von Modellen steuern. Dies erinnert mich stark an meine eigenen Aktivitäten in der ProStep ivip, als ich noch im ReqIF Implementor Forum (IF) aktiv war. Und dieses Forum diente auch in der Tat als Vorlage für die Aktivitäten dieser Arbeitsgruppen. Beim ReqIF IF ging es um den Austausch von Anforderungen, der inzwischen von allen relevanten Anforderungsmanagementwerkzeugen unterstützt wird. In diesem Vortrag geht es nun um den Austausch von Architekturmodellen. Da die SysML sehr umfangreich ist, haben die Arbeitsgruppen ein Minimalset von Information für den Austausch definiert. Um das voranzutreiben, wird es nächstes Jahr ein SysML Implementor Forum (IF) bei der Prostep ivip geben. Ziel ist es, Werkzeughersteller in das IF einzubeziehen, um die Ergebnisse des SysML Workflow Forums (WF) werkzeugtechnisch umzusetzen. Selbstverständlich herrscht auch ein reger Austausch mit der GfSE und OMG.

Cross-Discipline Lifecycle Collaboration (CDLC)

Doch die Workflows stellen nur ein Teil der Lösung dar, welche die heutigen Herausforderungen lösen soll. Das Thema Cross-Discipline Lifecycle Collaboration (CDLC) wurde schon vor mehreren Jahren bei der angegangen, ebenfalls im Rahmen eines Forums der Prostep ivip. Das Forum hat diese Arbeit ist nun abgeschlossen und als eines der Ergebnisse einen Demonstrator implementiert. Die Ergebnisse werden von einem in diesem Jahr gegründeten Folgeprojekt aufgegriffen, dem Interdisciplinary MBSE Collaboration Framework. Hierbei wird so viel wie möglich auf bestehende Technologien aufgesetzt.

Zusammenarbeit im Systems Engineering ist eine riesige Herausforderung die zum Ziel hat, über Firmengrenzen hinweg eine modellbasierte Traceability zu erstellen, die einen klaren Nutzen bringt. Auch wenn alle diese Arbeitsgruppen in ein paar Jahren ihre Arbeit abgeschlossen haben, sind wir sicher noch nicht am Ziel – aber hoffentlich ein gutes Stück näher.

Photo by ThisisEngineering RAEng on Unsplash

Michael Jastram

Creator and Author of SE-Trends