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Der Kampf ums Auto: Mit Open Source gegen Google

Das Auto hat sich konzeptionell in hundert Jahren vergleichsweise wenig verändert. Umso drastischer werden die Veränderungen sein, die wir in den nächsten 10-20 Jahren erleben werden. Einen ähnlichen Wandel haben wir in der Telefonie gesehen, welches sich in ca. 100 Jahre wenig verändert hatte, dann aber durch neue Technologien radikal transformiert wurde. Besonders interessant dabei war Googles Strategie, dabei auf ein quelloffenes Betriebssystem zu setzen.

Im Automotivebereich hat dementsprechend der Kampf um das zukünftige Betriebssystem der Zukunft längst begonnen. Google versucht sich dort zu positionieren, doch große Hersteller wie Daimler oder Toyota wollen hier nicht abhängig werden und setzen stattdessen auf Automotive Grade Linux.

AGL – Ein Projekt der Linux Foundation

Automotive Grad Linux (AGL) wurde bereits 2012 ins Leben gerufen und wird inzwischen von fast 150 Mitglieder unterstützt, zu denen neben Daimler und Toyota auch OEMs wie Jaguar Land Rover und Nissan gehören, wie auch Zulieferer wie Fujitsu, HARMAN und, NVIDIA.

AGL ist inzwischen auch auf den Straßen zu finden. Toyota hat bereits 2018 ein Fahrzeug auf den Markt gebracht, welches das hauseigene Infotainmentsystem entune verbaut, welches seit der Version 3 auf AGL basiert.

Natürlich ist AGL nicht das einzige Betriebssystem für Autos. Die Vorläufer von entune (ohne AGL) gibt es bereits seit 2012 und die „großen“ Spieler im Markt engagieren sich ebenfalls mehr oder weniger. Allerdings hatten sich Firmen wie Tesla oder BMW in der Vergangenheit mit ihren Betriebssystemen von den Mitbewerbern absetzen wollen. Mit AGL geht es um eine herstellerübergreifende Lösung: Wie MS-DOS in den 80ern, welches auf jedem PC lauffähig war, oder Android in den 2000ern, welches auf beliebiger Hardware läuft geht es hier um ein Betriebssystem, welches von unterschiedlichen OEMs genutzt werden kann.

Android Automotive

Viel Erfahrung mit diesem Konzept hat Google, welches ebenfalls mit Android Automotive in diesen Mark vordrängt (nicht zu verwechseln mit Android Auto). Angekündigt wurde dies erst in 2017. Dennoch kann heute schon von Volvo ein Fahrzeug mit Android Automotive bestellt werden.

Doch gerade die mächtigen deutschen OEMs sind nicht sonderlich begeistert, denn sie verstehen, wie einflussreich Google im Fahrzeugbereich werden wird, sollte sich Android Automotive durchsetzen. Audi beispielsweise hat sich entschlossen eine eigene Plattform zu entwickeln, die allerdings trotzdem auf Android aufsetzt.

Open Source ist nicht gleich Open Source

Android ist doch auch Open Source, wie AGL. Doch wie sich schon bei Android für Smartphones gezeigt hat, gibt es gravierende Unterschiede im Lizenzmodell. Bei Android zum Beispiel gibt es Auflagen, die Hersteller erfüllen müssen, wenn sie die nicht-offenen Komponenten von Google installieren möchten, wie bspw. den Play Store. Und für die Kunden ist dies in der Regel so wichtig, dass sich die Hersteller daran halten.

Google hat im ersten Halbjahr 2019 ca. 14 Milliarden Dollar mit dem Android Appstore erwirtschaftet

Für Google hat das enorme Vorteile. Insbesondere die Provision, die sich aus Verkäufen im Playstore ergibt, sorgt für enormen Gewinn (14 Milliarden Dollar im ersten Halbjahr 2019) . Bei einem hochwertigen Konsumerobjekt wie dem Auto dürfte das Gewinnpotential ähnlich hoch liegen.

Kein Wunder, dass der Markt heiß umkämpft wird. Und es geht gerade erst los.

Bildquelle: designmilk via Flickr CC BY-SA 2.0

Michael Jastram

Creator and Author of SE-Trends